Meine Braut, die alte Bank
Es steht vergessen da am Hang
im herbstlichen Gehege
schon viele, viele Sommer lang
´ne alte Bank am Wege.
Vergessen? nein, das glaub ich nicht.
Man liebt sie noch wahrscheinlich.
Zwar hat sie Runzeln im Gesicht;
ich seh´s, es ist ihr peinlich.
Und meine Hand streicht tröstend ihre schlanke,
vom Wind und Wetter ausgedörrte Flanke …
Sie ist gerührt und sagt ganz bloß:
„Na komm schon, sei nicht schüchtern –
Hast mir oft gesessen im Schoß
und wurdest wieder nüchtern“.
Sie weiß: ich lieb sie und die Ruh,
drum lasse ich mich nieder.
Sie ächzt und stöhnt wenn ich es tu,
doch will sie´s immer wieder.
Und meine Hand streicht tröstend ihre schlanke,
vom Wind und Wetter ausgedörrte Flanke …
Sie ist jetzt nackt und jeder Reiz
ist völlig ihr genommen.
Dafür hat sie Missgunst und Geiz
für´s Alter mitbekommen.
Wenn sie sich mir nun anvertraut
weil ich ihr treu geblieben,
so sei dies meiner morschen Braut
zum Andenken geschrieben.
Dazu streicht meine Hand ihr noch die schlanke,
von Wind und Wetter ausgedörrte Flanke …
Tieftraurig spricht die Bank: „Fürwahr,
was tat ich euch zuleide?
Als ich noch jung und kräftig war
im grünen Farbenkleide,
seid ihr gekommen Tag und Nacht,
um euch und mich zu drücken –
ich hab´ die Augen zugemacht,
um still euch zu beglücken“.
Und meine Hand streicht tröstend ihre schlanke,
vom Wind und Wetter ausgedörrte Flanke …
Sie ist verbittert, seufzet schwer,
und flüsternd spricht sie weiter:
„Gewiß, nicht alle kamen her
zu mir sorglos und heiter,
so mancher kam allein, verzagt
und ohne mich zu fragen,
hat er mir still sein Leid geklagt –
ich tat es mit ihm tragen“.
Dafür strich ich ihr liebevoll die schlanke,
vom Wind und Wetter ausgedörrte Flanke …
Und jedes Mal sagt sie: „Hab Dank
für den Besuch, mein guter.
Ich bin `ne alte, morsche Bank
und du nur noch mein Bruder.
Zwar kommt zu mir mal ab und zu
mal einer hergekrochen;
doch leider sind es nur wie du
und ich so alte Knochen“.
Drauf streich ich ihr, total verliebt, die schlanke,
von Wind und Wetter ausgedorrte Flanke …