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Die werdende Mutter

Einst fuhr aus uns´rem Werrastädtchen
mutgeschwellt ein älteres Mädchen
in die Garnison nach X;
denn sie brauchte äußerst fix
einen Vati für das Junge,
das ihr wuchs unter der Lunge.
In X hat sie sich durchgefragt
und dann dem Spieß ihr Leid geklagt.
Der Spieß – das konnte man dran sehn –
verstand mit Frauen umzugehn´,
er zeigte sich sehr dienstbeflissen
und wollt´ des „Vaters“ Namen wissen.
Den aber konnte sie nicht nennen,
sie sagt, sie würd´ ihn so erkennen.
Zwar sei es damals Nacht gewesen,
jedoch sie fresse einen Besen,
wenn der Urheber ihrer Bürde,
sie nicht sofort erkennen würde.
Der Spieß verstand sich auf Humor
und trug den Fall dem Hauptmann vor.
Der hat zwar erst die Stirn gerunzelt,
aber nachher doch geschmunzelt.
Er befahl, daß auf der Stell´
Die Kompanie antrete zum Appell.
Der Befehl wurde prompt ausgeführt,
die Kompanie von Spieß schnell informiert.
Inzwischen zog´s dem Hauptmann hin
zu der Themaranerin …
Und keinen Augenblick zu früh
stand die ganze Kompanie
mannesfest und hitlertreu,
als der Hauptmann kam herbei
mit dem Mädchen an der Seite.
Des Hauptmann Auge strahlten Freude,
als ihm der Spieß jetzt tat – wie selten,
die Kompanie vollzählig melden.
Und keine zwei Minuten drauf
nahm die Besichtigung ihren Lauf …
Natürlich ging der Hauptmann mit,
als das Mädchen nun die Front abschritt.
Man sah ihr an, sie war geladen,
doch keiner von den Herrn Soldaten
verriet sich mit ´nem Wimperzucken,
wenn sie ihm tat ins Auge gucken.
So ging das ohne Unterschied
von Mann zu Mann, von Glied zu Glied.
Und weder von vorne noch von hinten
konnte den „Papa“ sie finden.
Sie war am Ende ihrer Kraft
und hat wegen der Vaterschaft
die ganze Kompanie verdammt.
Vor Wut hat ihr das Haar geflammt,
als ihr der Spieß noch sagt vermessen:
„Lassen Sie das Besenfressen,
das könnte ihrem Kinde schaden,
es gibt ja noch so viel Soldaten.“
Mit ´nem Gesicht – verzerrt und doof,
verließ sie den Kasernenhof ….
Ich aber möchte Ehre spenden
der Wahrheit – und den Vers vollenden:
Der „Vater“ war ´ne ehrliche Haut.
Obwohl ihn nicht erkannt die Braut,
stellte er doch die Sache klar
beim Hauptmann. Ja er tat sogar
draufgängerischen Mut noch fassen
und hat sich mit ihr trauen lassen.
Der „Heldentot“ tat ihn erlösen.
Und das ist wohl sein Glück gewesen,
denn sie hätt´ ihn ungerührt
ein Leben lang am Strick geführt.

Aus den 3 Heften, die Hugo Walther am 11.01.1962 Herrn Albert Fischer aus Themar für 100,00 DM verkauft hat und sein Enkel, Herr Hartmut Fischer, der Stadt Themar als Leihgabe überlassen hat.
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