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Gleichberechtigung

Vier Ehemänner, glatt wie Seide,
jeder Frau ´ne Augenweide
wie sie Gott geschaffen hat,
trafen wieder sich beim Skat,
trafen – wie so oft sich wieder –
Rudolf, Erich, Hans und Dieter.
Und nun begann das Spiel der Klasse:
„Achtzehn!“ – „Zwanzig!“ – „Zwoo!“ – „Ich passe!“.
Wo einer so den andern drängt,
wo intensiv am Spiel man hängt,
da ist – wenn auch vergeht die Zeit –
zum Bleiben man doch stets bereit.
Und so verging nun Stund um Stunde ….
Nach jedem Rund gab´s neue Runde …
„Jetzt ist es vier Uhr – himmelschock!
und immer sind´s noch sechzehn ,Bock’.
Die Schande tut zum Himmel stinken,
gehen wir nach Haus zum Kaffeetrinken, –
ein Glück nur, daß es Sonntag ist –
das mildert noch den Ehezwist“.
Natürlich bleibt´s nicht bei den ,Böcken’,.
Der Wirt musste die Wirtin wecken,
die – von den ,Vier´n’ wurd´ unterjocht
so lange, bis sie Kaffee kocht,
und gleich Klöße hinterher.
Ja, Wirtin sein ist manchmal schwer!
Inzwischen aber kamen Kinder
der vier spiegelglatten Sünder,
mal der Karlheinz, mal der Klaus,
„Papa, ihr sollt gleich nach Haus,
die Mutti macht die Klöße grade –
wenn diese stehen, wär´s drum schade!“.
„´s ist gut mein Junge, halt´ den Rand,
grad´ hab´ ich einen fetten Grand;
was du noch sagen sollst das kenn´ ich.
Komm her, hier hast du fufzig Pfennig –
Nun kauf dir was und geh nach Haus
und richte schön der Mutti aus,
sie brauche, da wir sind beim Karten,
mit dem Essen nicht zu warten –
es dauert immer noch ´ne Stunde
bis zur allerletzten Runde“.

Das war gesagt, doch nicht getan.

Zuhause war nun unterdessen
das Kloßgericht schon längst gegessen.
Die Frauen hielten Rat zur Sache
und schwörten ihren Männern Rache.
Da fiel kein Wort von Ehezwist.
Nichts geht doch über Frauenlist!
Die Frauen wurden zu Geschwister.
Es gab ein heimliches Geflüster,
ein Hin und Her, ein Her und Hin
und jede Meinung hatte Sinn
und jedes Wort wog zentnerschwer
als ob´s ein Todesurteil wär!
Nicht verärgert, Gott bewahre –
sie fürchteten frühgraue Haare
und hatten alle wohlbedacht,
daß Ärger doch nur hässlich macht.
Nein, man wollte sich nur rächen
für der Männer langes Zechen.

Und der Beschluß ward gleich zur Tat ….

Der Tag erklomm die Zeitenleiter
und schleppernd ging das Skatspiel weiter
bei den Männern. Jeder denkt,
ihm sei das mahnend´ Wort geschenkt,
bis Rudolf, dem die Zeit zu lang,
das Lied vom „Feierabend“ sang.
Und auch der Erich und der Hans
verloren ihrer Augen Glanz.
„Ich ahn´ nicht´s Gutes“, sagt der eine
ganz deprimiert –„es kommt gar keine
von den Frauen, uns zu holen“ –
und lugt durch´s Fenster ganz verstohlen …
„Es ist so ruhig und auch die Gören
sind nicht zu seh´n und nicht zu hören“.
Hans sprach prophetisch: „Armer Wurm,
das ist die Ruhe vor dem Sturm!“.
Nur der scheinbar starke Dieter
trotzte mutig immer wieder:
„Oh, ihr feigen Ehelappen!
Erst habt ihr die großen Klappen,
bleibt vierundzwanzig Stunden aus
und dann traut keiner sich nach Haus!
Oh ihr seid mutlos oder froh –
den Krach bekommt ihr sowieso.
Nach Hause muß von uns ein jeder-
ob wir jetzt gehen, oder später,
auf die lange Bank geschoben,
ist der „Krach“ nicht aufgehoben.
Darum: Leidgenossen – ran!
Wer so lange Karten spielen kann
und so mit „Geist“ beschwert den Magen,
kann auch ´ne Abreibung vertragen.
Wenn dennoch ihr zu feige seid,
will ich mit tragen euer Leid:
Ich geh´ mit euch zu jedem hin,
ich habe mich- zu eueren Schanden –
stets gut mit euern Frau´n verstanden,
und so will ich gern deswegen
für euch ein gutes Wort einlegen.
Natürlich müßt ihr dann zu dritt
auch zu mir nach Hause mit;
denn – das muß ich euch schon sagen,
meine Frau kann vier vertragen!
Und zuletzt – verlaßt euch drauf –
bleibt sie dennoch obenauf.
Sollte es uns doch gelingen,
auch ,Meine’ zur Vernunft zu bringen,
dann lade ich euch alle ein –
ich hab noch guten, alten Wein!“.
Da stieg der Mut, da schwoll die Brust.
Des Sieges sich voraus bewußt,
riefen alle immer wieder:
„Es lebe unser Retter Dieter!
Geschlossen gehen wir, dann klappt´s.
Wirt! Schnell zum Abschied noch paar Schnaps!“.

Endlich sind sie abgezogen,
Dieter hatte wohlerwogen
jedes Wörtchen seiner Rede
für Emmy, Dora, Friedel, Grete.
So kommen sie bei Rudolf an
zu vieren einig wie ein Mann.
Dieter wollte schon beginnen
mit Schwung von seines Geistes Zinnen,
da merkten alle klipp und klar,
daß Emmy nicht zu Hause war.
„Prima“, sprach zuerst der Erich,
„Ich wollte nur: der Rudolf wär ich –
der wird nun ohne Krach empfangen.
Und grade er hat angefangen!
Los, bleiben wir nicht länger hier –
der Rudolf muß nun mit zu mir!“.
Und wiederum ging´s unbeirrt
rüber zur Grete – auch zu viert …
Und so bei Grete angekommen,
standen alle ganz benommen,
denn – verdammt und zugenäht –
zu Hause war auch nicht die Gret´!?
Da sagte Hans bedrückt und trocken:
„Die Weiber wer´n zusammenhocken –
hoffentlich blues net bei mir –
sonst koh für niß ich garantier´“.
Jedoch sie gingen unbeirrt
in Hansens Wohnung- prompt zu viert …
Da aber wuchs nun doch das Staunen.
Was hat der Zufall nur für Launen?
Auch die Dora war von hinten
und von vorne nicht zu finden!?
Daraufhin fingen an dem Dieter
weich zu werden alle Glieder,
und er hatte unterdessen
seine „Rede“ ganz vergessen.
„Himmel!“ fluchte er ganz laut,
„es irrt sich, wer den Weibern traut!
Die sitzen jetzt als Frau´nverein
bei mir und saufen meinen Wein!
Wenn das dann sein soll ihre Rache,
dann weiß ich auch nicht, was ich mache.
Ich denk´, wir fallen da nicht rein
und lassen jetzt die Weiber sein.
Wir warten, bis sie sind betrunken,
dann hat der Sieg uns schon gewunken.
Solch Resultat wär´ mir viel lieber;
dann geht es ´rüber wie hienüber
und man hätt´ sich – so entscheid ich –
nichts vorzuwerfen gegenseitig.
Freunde! Habt ihr das kapiert?
Ein Hundsfott, der an Macht verliert!
Kommt! Wir zechen jetzt von vorne!
Zeigt dem Mann in seinem Zorne!
Nie das Feld der Herrschaft räumen –
selbst wenn wir Arbeitszeit versäumen.
Merken erst mal uns´re Frauen,
daß wir besorgt nach ihnen schauen,
ist´s mit der Männlichkeit vorbei,
denkt an die Weibertyrannei!
Es wäre nicht mehr auszuhalten,
wenn Frauen siegreich herrschend walten!
Los, zurück, und nicht zu mir
nach Hause – wenn nichts soll passier´.
Ich hab zu Hause nichts zu sagen.
für euch konnt ich ein Wörtchen wagen.
Und da sich das erübrigt hat,
setzen fort wir unseren Skat …“.
„So siehst du aus!“ rief darauf die Runde,
wie abgemacht aus einem Munde.
„Jetzt, vor deines Türe Schwelle,
willst du wenden auf der Stelle?
Ausgeschlossen! Jetzt erst zeige,
wer du bist und sei nicht feige!
Wir werden dir Beschützer sein.
Hans, hast du Wein? Schenk schnell mal ein“.
Nun, der Hans ließ sich betören,
zwecks Mut tat man zwei Krüge leeren
und ging dann frisch gestärkt und bitter
zur letzen Frau – zum Hausgewitter ….
Jedoch befällt sie neuer Schreck
und jedem bleibt die Spucke weg:
weder aus Stube noch aus Küche
kam Frauenlärm und Weingerüche –
die Wohnung war wie ausgestorben,
nichts verrutscht und nichts verdorben,
sogar der Wein stand noch am Ort,
unversehrt – die Frau war fort!!!
„Ha!“ weckt den Dieter neuer Mut,
„auch sie nicht da! Das Ding ist gut!
Einen solchen Vorzug nützen,
müßt ihr drei mich unterstützen!
Daß sie nicht da ist –gottseidank –
berechtigt mich zu Streit und Zank.
Das ist Wasser auf der Mühle,
Kinder, nee, wie ich mich fühle!
Wollen wir´s denn erst bei Wein
uns gemütlich lassen sein?
Ich denke, besser ist, wir eilen,
ohne uns erst zu verweilen,
zurück zu geh´n woher wir kamen,
dann kriegt das Bild erst einen Rahmen“.
„Du Rindvieh!“ fing der Erich an,
„merkst du denn noch gar nicht dran,
daß das nicht mehr Zufall ist?
Ich sag euch: das ist Weiberlist!
Du selber zitterst ja vor Angst,
weil du um deinen Drachen bangst.
Nur, weil er fort im Augenblick,
kommt dir dein feiger Mut zurück.
In Wirklichkeit – ich weiß genau –
braucht du so gut wie ich die Frau! –
Oh, Ahnung, du betrügst mich selten,
die Frauen woll´n gewiß vergelten,
was heut ´wir ihnen angetan,
und sitzen längst schon auf der Bahn …“.
Darauf wurde Hans als erster klein:
„Du lieber Gott! Jetzt fällt mir´s ein,
meine Dora sagte immer,
Hans, mit dir wird´s immer schlimmer,
am besten ist, ich haue ab,
bevor du bringst mich noch ins Grab!
Und jetzt – das ist ihr zuzutrau´n –
ist sie sicher abgehau´n.“
Und kleinlaut gibt der Rudolf bei,
daß wohl was an der Sache sei.
„Diesmal glaub´ ich – ihr habt recht –
Ist die Wut der Frauen echt.
Die Kinder sind nicht hier, nicht unten,
sind mit den Frauen spurlos verschwunden.
Meine Emmi hatt´ schon immer Fieber,
und wollte nach dem Westen rüber.
Und diesmal hat sie´s wahr gemacht,
und eure auch dazu gebracht,
ja, ich freß sogar ´nen Besen –
sie ist der Anstifter gewesen!“.
Doch Dieter ließ nichts unversucht,
hat alle Räume schnell durchsucht,
und kam zurück nun strahlend heiter,
„Nur keine Angst, denn Wäsch´ und Kleider,
sind noch in Schränken wohlverwahrt.
Die Freude hab´n sie uns erspart!
Und darum sollt´ man sich behaupten,
wenn Trotz sie uns zu bieten glaubten,
müssen wir doch endlich zeigen,
daß wir nicht tanzen wie sie geigen!
Wir karten weiter, schlag ich vor –
und wer nicht mitmacht, ist ein Tor!“.
„Darauf laß ich mich gar nicht ein,
lieber will ein Tor ich sein“,
erklärte schuldbewußt der Erich.
„Heut war´s das letzte Mal – das schwör ich,
denn diesmal trieben wir´s zu toll,
ich hab weißgott die Nase voll!“.
„Ist auch meine Meinung voll und ganz“,
pflichtete ihm bei der Hans.
Nur der Rudolf meinte schließlich:
„Erich, sei nicht gleich verdrießlich,
um deinen Schwur ist´s wirklich schad´-
nichts geht doch über einen Skat!
Gewiß, zum Teil hast du schon recht,
die Leidenschaft macht uns zum Knecht.
Doch, wenn wir uns beherrschen künftig
und nutzen unsere Zeit vernünftig,
und hören auf zur rechten Zeit,
dann blüht auch wieder Häuslichkeit.
Also, zeigt euch jetzt als Männer,
schließlich bin ich Frauenkenner.
Darum sag ich euch genau,
Reue bändigt jede Frau!
Darum geh ´ich jetzt bescheiden,
stracks nach Hause, um zu leiden
unter trüben Ehehimmel …!“.
„Rudolf, Mensch – du hast ´nen Fimmel!“
schrie jetzt Dieter ganz erbost,
„Das bietest du uns an als Trost?
Grade du machst dir zu eigen,
wir müßten uns als Männer zeigen,
und zeigst mit gleichem Atem an,
daß du bist ein Hampelmann!
Was faselst du denn da von Reue,
frag lieber nach der Frauen Treue!
Ich schätz die Frauen richtig ein:
Nur gegen uns sind sie gemein,
lassen uns alle im Stich,
und treffen – wie vereinbart sich –
mit dem Hausfreund, glaub mir nur,
zur Liebelei in Wald und Flur,
oder auch mit frechem Mute,
bei dem Hausfreund auf der Bude!“.
„Was denkst du“, rief erbost der Hans,
„Meine Dora wär beim Franz?!
Da muß sofort ich auf die Suche,
Herrgott, wie ich den Weibern fluche!
Da hält mich keiner mehr zurück –
ich kämpfe für mein Eheglück!“.
„Da geh ich mit!“. – „Ich auch“. – „Auch ich!“. –
Der Alkohol dem Zorne wich.
Die Leidenschaft schlug hohe Wogen,
so sind die Männer losgezogen …
Gequält von wilder Eifersucht,
haben mit Eifer sie gesucht,
haben da und dort gefragt,
sich sogar zu Franz gewagt,
jedoch sie fanden im Vereine,
von den vier Frauen auch nicht eine.
Schon wollten sie zur Polizei,
da führte sie der Weg vorbei,
an dem verwünschten Stammlokal,
das steigerte noch ihre Qual.
Froher Lärm erscholl von drinnen,
von Zecher und von Zecherinnen.
„Horch mal“, hub der Dieter an,
und alle staunten wie ein Mann,
standen fest wie eine Mauer
und horchten auf den Lärm genauer.
Grand rief´s drinnen munter heiter:
„Vierzig halt ich – biete weiter!“.
„Vierzig? – schade um meinen Grand …
Ach was – dann biet ich einfach Hand!“.
Die Männer schauten blöd und blöder,
denn diese Stimmen kannte jeder.
„Mensch, das sind doch unsre Frauen!
Dieter, geh, um nach zu schauen!
Kinder, nein, ist das ´ne Schand,
deine Friedel spielt Grand Hand
als ob sie Meisterspieler wäre –
das geht doch gegen unsere Ehre.
Hol´ mal gleich die Bande raus –
die sollen augenblicklich nach Haus“.
„So siehst du aus. Ich kenn die Kälber,
geh du doch rein und hol sie selber.
Ich geh auf keinen Fall hinein –
zumindest aber nicht allein.
Meine Friedel hat die Nerven,
mir ein Glas an´n Kopf zu werfen!
Nein, ich geb euch nichts zu lachen,
mich zum Gespött der andern machen?
Hört nur, wie die Männer hetzen,
wie sie unsre Frau´n beschwätzen,
und der Wirt, der falsche Hund,
gibt seinen Senf zu jeder Rund.
Das Klügste wird wohl für uns sein,
wenn keiner von uns geht hinein,
wenn wir verduften still und leise,
um auf diese Art und Weise
dem Gespöttel zu entflieh´n –
wenn auch den kürzeren wir zieh´n“.
„Donnerwetter“ – „Meine Fresse“ –
„So eine Weiberraffinesse!“.
Geschlagen sprachen´s die Geprellten,
vorher noch so kluge Helden,
und schlossen sich dem Dieter an,
der nach Hause schritt voran ….
Zu Hause war´s vorbei mit Stille,
Arbeit gab´s in Hüll und Fülle.
Denn da waren unterdessen,
die Kinder da und wollten essen.
Und mancherlei war noch zu sorgen
zum Schulgang für den nächsten Morgen.
Kinder sollten in die Betten,
die Kleinen hingen wie die Kletten,
an die schwergeprüften Väter:
“Wo ist Mama!“ – „Sie kömmt später.
Schlaft und macht jetzt kein Trara –
Bis es Tag wird, ist sie da“…
Und während sich die Männer quälen,
will kurz das Ende ich erzählen:
Vom Skatspiel, Trunk und Bratwurstsause,
kamen ganz erschöpft nach Hause,
um Mitternacht die wackeren Frauen,
um einen Kaffee sich zu brauen.
Hans und Rudolf gaben grad,
sich gegenseitig guten Rat,
als mit mutgeschwellter Brust
die Frauen voller Kampfeslust
schwankend in die Wohnung kamen.
Und Friedel sprach in aller Namen:
„Keinen Ton! Das sag ich euch:
Wir Frauen sind jetzt Männern gleich!
Ohne heute euch zu grollen,
tauschten wir nur mal die Rollen,
damit ihr selber fühlt und seht,
wie es uns als Hausfrau geht.
Einer trag des andern Last,
unser Plan ist schon gefaßt:
Bleibt wieder ihr so lange kleben.
Sollt ihr mehr als heut erleben!
Wir bringen euch noch in Schwung,
es leb´ die Gleichberechtigung!!“.

Aus den 3 Heften, die Hugo Walther am 11.01.1962 Herrn Albert Fischer aus Themar für 100,00 DM verkauft hat und sein Enkel, Herr Hartmut Fischer, der Stadt Themar als Leihgabe überlassen hat.
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