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Die Rache

Kretchen und Brigitte waren
(als ich dies niederschrieb)
zwei Freundinnen von siebzehn Jahren
mit blonden und brünetten Haaren
und hatten sich einander lieb

Kretchen war die blonde Dicke
und hatte einen Liebestrank.
Brigitte war sogar voll Tücke,
übte fleißig Liebesblicke,
war gegen Kretchen aber schlank.

Und auch ein bißchen eifersüchtig,
schon bereits zwei Wochen lang,
denn Kretchen außen keusch und züchtig,
wurde geliebt im Ernst und richtig –
auf den gegebenen Liebestrank.

Vergeblich hatte schon Brigitte
von Kretchen diesen Trank erfleht,
Kretchen schlug ihr ab die Bitte:
weitergeben sei nicht Sitte,
da die Wirkung sonst vergeht!

Brigitte hielt natürlich diesen
Vorwand nur für einen Witz
und war kaum noch zu genießen,
denn die Wirkung war erwiesen!
Kretchen hatte ihren Fritz.

Brigitte aber wollt´ gewinnen,
darum lag die Vermutung nah,
daß sie tat auf Rache sinnen.
Und tatsächlich war diese binnen
vierzehn Tagen auch schon da:

Gretchen saß schon wie auf Kohlen
bei Brigitte Kellermann,
um diese zum Tanz abzuholen,
sie hatte wie Mama empfohlen,
ihr modernes Tanzkleid an.

Plötzlich sprang sie mit Empfinden
auf und schrie: „was ist denn das?“
sie tat befühlen sich von hinten
und beleidigt dann verkünden:
„Mensch, der Stuhl ist ganz schön nass!“.

„Meine Mutter wird schön blasen,
wenn ich jetzt nach Hause flitz!
und die Menschen auf den Straßen –
die müssen vor Lachen rasen!
Ach, und vergeblich wartet Fritz!

Brigitte macht ´ne Unschuldsmine
und sprach: „Das tut mir schrecklich leid!
Mein Stuhl war nass, das kostet Sühne,
gestatte, daß ich mich erkühne
und bügele trocken Dir dein Kleid!“.

„Wir kommen noch zu Recht zum Tanze,
du musst ja hin um jeden Preis!
Bück´ dich mal, du hat die Chance:
Sekunden dauert nur das Ganze,
das Bügeleisen ist noch heiß!“.

Kretchen, froh ob dieser Wendung,
ließ schnell verrauchen ihren Zorn.
Das Kleid auszieh´n wär Zeitverschwendung
und in totaler Liebesblendung
neigt sie sich über´n Tisch nach vorn …

Dicke Freundschaft will was heißen,
Brigitte prüfte sachgemäß
auf Hitze schnell ihr Bügeleisen
und mit Zischen – einem Leisen
drückt sie´s Kretchen auf´s Gesäß.

Plötzlich ein Geschrei und ein Gewimmer …
Brigitte nahm das Eisen weg,
Kretchen stürzte aus dem Zimmer,
Brigitte sah sie lange nimmer,
denn die Freundschaft lag im Dreck!

Das aber ist des Pudels Kern
und die Moral von der Geschicht´:
Bleibe den Aberglauben fern!
Zwar leidet man aus Liebe gern,
doch Liebestropfen gibt es nicht!

Aus den 3 Heften, die Hugo Walther am 11.01.1962 Herrn Albert Fischer aus Themar für 100,00 DM verkauft hat und sein Enkel, Herr Hartmut Fischer, der Stadt Themar als Leihgabe überlassen hat.
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