Das Amtshaus Themar gilt als eines der Hauptwerke hennebergisch-fränkischer Fachwerkbaukunst und wurde im Zuge der Stadterneuerung nach dem 30jährigen Krieg 1665 errichtet. Hier finden Sie Informationen zum ehemaligen Amtshaus Themar. Zur besseren Navigation habe ich hier ein Inhaltsverzeichnis erstellt:
Inhaltsverzeichnis
- Errichtung und Umbau
- hennebergisch-fränkische Fachwerkkunst
- Innengestaltung
- Video Stadtführung Amtshaus
- Fotos
Quelle: 1200 Jahre Themar Festschrift, Das Stadtbild der Geschichte vom 17. bis 20. Jahrhundert von Siegmar Banz
Errichtung und Umbau
Das Amtshaus Themar ist wohl auffälligstee Gebäude auf dem Schuhmarkt. Seine L-förmige Grundrißgestalt bewirkt, dass es mit zwei langen Fassaden im Platzraum steht, der sich an dieser Stelle, durch das Gebäude vermittelt, zum Markt hin weitet. Die beiden zueinander rechtwinkligen Gebäudeflügel erheben sich in zwei imposanten Stockwerken aus Sichtfachwerk und sind jeweils mit hohen Satteldächern bedeckt. Die Dachflächen sind nach dem Schuhmarkt hin in einem Grat zusammengeführt. Die Dachfläche des Ostflügels, der die Richtung zur Werra bzw. nach Römhild weist, trägt flache Schleppgaupen. Das Dach des Nordflügels ist durch ein großes Zwerchhaus unterbrochen, das als drittes Stockwerk etwa ein Drittel der Fassadenbreite der unteren Stockwerke besitzt und dessen Giebel immerhin so steil ausgeführt ist, dass dessen Firstlinie die Höhe der des Hauptdaches erreicht. Dieses Zwerchhaus ist jedoch, wie bei näherer Betrachtung des Holzwerks im Vergleich zu dem der unteren Stockwerke leicht zu erkennen, durchweg jüngeren Ursprungs. Überliefert ist, daß im Zuge eines gründlichen Umbaues des gesamten Gebäudes um 1875 durch den hiesigen Zimmerermeister Christian Aßmus unter anderem an der nördlichen Gebäudeseite eine „Mansardenwohnung errichtet“ wurde. Ob dabei das heutige Zwerchhaus völlig neu oder lediglich als Ersatz für einen gleichartigen Vorgängerbau entstand, ist derzeit nicht bekannt. Bei diesem Umbau erhielten die Fassadenhölzer auch einen zu den hellen Putzflächen kontrastierenden braunen Farbanstrich, womit die Schönheit des Fachwerks wieder zur Geltung gebracht wurde, denn Holz- und Putzflächen waren bis dahin von dicken Tünche- schichten überzogen, die das reiche Fachwerk unkenntlich gemacht und damit entstellt hatten.
hennebergisch-fränkische Fachwerkkunst
Das Amtshaus Themar gilt als eines der Hauptwerke hennebergisch-fränkischer Fachwerkbaukunst und wurde im Zuge der Stadterneuerung nach dem 30jährigen Krieg 1665 errichtet. Das durch spätere Fensterdurchbrüche veränderte Bruchsteinmauerwerk im Erdgeschoß des Nordflügels, wo auch das Gewände des rundbogigen Portals eingemauert ist, gilt als Anhaltspunkt dafür, dass auch dieses Gebäude, vergleichbar dem Rathaus, Reste eines Vorgängerbaues an dieser Stelle fortführt. Noch vor 100 Jahren waren ältere Baureste in den Hintergebäuden des Amtshofes sowie Umwehrungsreste aus Mauern und Wassergräben weit besser erkennbar, so daß anzunehmen ist, daß die Anlage des Gebäudes an der Stelle einer wohl auch 1634 untergegangenen mittelalterlichen Eigenbefestigung erfolgte.
Innengestaltung
Während das etwas schlichter gehaltene untere Stockwerk den Reiz seiner Erscheinung der sehr dichten aber dennoch eher statisch-konstruktiv wirkenden Anordnung der Fachwerkhölzer verdankt – der Eckpfosten ist immerhin mit einer dorischen Säule, Blättern und Voluten beschnitzt – , ist das obere Stockwerk bestes Beispiel dafür, daß jetzt nicht mehr nur die im weitesten Sinne konstruktiv bedingte Ordnung der dunklen Hölzer auf den hell verputzen Gefachen zu einem harmonischen, d. h. ausgewogenen graphischen Bild der Wand gebraucht wird, sondern die Hölzer werden zur Ausführung von immer kleinteiligeren völlig konstruktionsunabhängigen Zierformen, d. h. unabhängig von konstruktivem Holzverband und statischem Wandgefüge angeordnet. Das Obergeschoß des Amtshauses zeigt diese Art der Fachwerk-Gestaltung besonders eindrucksvoll. Über der ohnehin durch reiche Schnitzerei von Taustäben, Zahnschnitt, profilierten Balkenköpfen und Profilbändern aufwendigen gezierten Balkenzone zwischen beiden Stockwerken ist die darauffolgende Brüstungszone des oberen Stockwerks als über beide Fassaden geführtes ornamentales Band ausgeführt, das oben von dem durchgehenden Fensterbrüstungsgesims begrenzt wird. Dieses Band ist durch kurze Stiele völlig gleichmäßig in quadratische Felder eingeteilt, in die auf der Spitze stehende Quadrate aus geschweift ausgesägten Hölzern eingefügt sind, deren Seiten wiederum durch weitere ornamental ausgesägte Hölzer verbunden sind. So entsteht in der Mitte jeweils ein achtzackiger Stern. Diesen umgeben vier Herzen, zusammengesehen eine vierblättrige Blüte, deren Umfangung mit vier Dreiecken wie der zum Bild des quadratischen Einzelfeldes in der Brüstung führt. Einzige Unterbrechung dieses über alle Maße reichen Ornamentbandes bedeuten auf jeder Wandseite jeweils zwei in die Reihung eingefügte breitere Hölzer, in die große Rosetten eingeschnitzt sind, deren Blätter die beschriebene Herzform wieder aufgreifen. Das untere Ende des säulenartig reich beschnitzen Eckpfostens trägt die Datierung „ANNO DOMINI MDCLXV“ (Im Jahre des Herren 1665).
Erbauer unbekannt
Über den ausführenden Zimmerermeister, der unzweifelhaft ein künstlerisch geübtes Auge und hohes handwerkliches und gestalterisches Geschick besaß, ist leider nichts bekannt. Bekannt ist aber, daß hier von 1770 bis 1803 der um die hennebergische Geschichtsschreibung außerordentlich verdiente Johann Adolf von Schultes (1744 – 1821) als Sachsen-Coburg-Gothaischer Amtmann gewirkt hat, worauf eine Gedenktafel neben dem Portal hinweist.
Heinrich Mylius
Eine weitere Gedenktafel ist an dem unweit gelegenen heute eher unscheinbaren Haus Schuhmarkt 10 angebracht und weist auf die Wohnstätte von Heinrich Mylius (1813 – nach 1849) hin, der als geschickter Mechaniker ein Tretkurbel-Fahrrad konstruierte, in Themarer Mundart Gedichte schrieb und als Revolutionär von 1848/49 eine gewisse Berühmtheit erlangte. Er wanderte 1849 nach Amerika aus, und starb dort am 29.06.1892. Weitere Infos finden Sie hier.
Quelle: 1200 Jahre Themar Festschrift, Das Stadtbild der Geschichte vom 17. bis 20. Jahrhundert von Siegmar Banz